Offboarding und Wissenserhalt
Unternehmen verändern sich, Mitarbeiter kommen und gehen und mit ihnen verändern sich entscheidende Unternehmensressourcen und -werte. Umso höher die Fluktuationsrate, umso größer ist die potentielle Gefahr des Verlustes von Humankapital, den Fähigkeiten und Kenntnissen, die einer bestimmten Person oder auch Personengruppe zugeordnet werden.
Humankapital als entscheidender Produktions- und Erfolgsfaktor darf nicht unterschätzt werden. Umso mehr muss es Aufgabe und Ziel sein, Wissen nicht durch den Weggang eines Mitarbeiters zu verlieren, sondern es zu erhalten.
In einer Studie von Haufe-Lexware aus dem Jahr 2014 wurden 400 Personaler zu ihrem Umgang mit potentiellem Wissensverlust durch scheidende Mitarbeiter befragt. Immerhin sehen sich 67 Prozent der damals befragten HR-Mitarbeiter auf der sicheren Seite und geben an, keinen Wissensverlust aufgrund ausscheidender Mitarbeiter zu befürchten, da sie vorhandenes Spezialwissen erfassen und teilen.
Personaler erfassen und teilen Wissen? Wer ist eigentlich zuständig für Wissenserhalt, -verbreitung und – übergabe? Laut der Studie geben 82 Prozent der Personaler an, diese Aufgabe bei sich zu sehen.
Ist Wissensmanagement im Offboarding-Prozess HR-Aufgabe?
Unbestritten ist wohl, dass es Aufgabe von HR ist, den Offboarding-Prozess zu strukturieren und zu begleiten. Dazu zählt auch die Durchführung und Begleitung von Austrittsgesprächen.
Aus welchen Gründen möchte der Mitarbeiter sich verändern und was kann das Unternehmen daraus lernen? Zentrale Themen eines Austrittsgespräches! Antworten, im Rahmen einer offenen und konstruktiven Gesprächsatmosphäre, zeigen den Unternehmen Wege auf, etwaige Schwachstellen und Missstände aufzudecken und daraus gezielte Optimierungsmaßnahmen abzuleiten.
Der ausscheidende Mitarbeiter erhält nicht nur die Möglichkeit seinen Kündigungsgrund darzulegen, sondern im besten Fall wird ihm auch die Sicht eines offenen und kritikfähigen Arbeitgebers vermittelt.
Entscheidend für den größtmöglichen Handlungsspielraum ist der Zeitpunkt des Austrittsgespräches der zeitnah zur Kündigung liegt und nicht erst zum Austritt.
Genau dann ist auch die größtmögliche verbleibende Zeit, um das Expertenwissen des scheidenden Mitarbeiters zu erfragen und den Prozess der Dokumentation oder des Transfers anzustoßen.
Kehren wir zurück zur Kernfrage: „Ist Wissensmanagement im Offboarding-Prozess HR-Aufgabe?“
Auch wenn im Rahmen der Studie die überwiegende Mehrheit der Personaler diese Aufgabe bei sich sieht, bin ich anderer Meinung. HR kann und muss nicht wissen, was die besondere Herausforderung des scheidenden Experten ist und wie dieses Erfahrungswissen mit den dahinter liegenden Verknüpfungen am besten und praktikabelsten aufbereitet und weitergegeben wird.
Die Verantwortlichkeit von HR liegt meiner Meinung nach vielmehr darin, die Thematik Wissenstransfer im Fokus zu haben und darauf zu achten, dass diese im Austrittsgespräch adressiert wird.
Im Rahmen des Wissensmanagements betrachte ich
- die Förderung des Wissensaustausches im Unternehmen als kulturelles Gut,
- das Schaffen eines Umfeldes für die Bindung und Entwicklung von Talenten,
- die Begleitung, Optimierung und Standardisierung geeigneter Wissensprozesse einschließlich der Vernetzung und natürlich
- die Erfassung von vorhandenen und künftig benötigten Mitarbeiterkompetenzen
als übergeordnete Aufgaben von HR. Diese Aufgaben haben auch die Autoren der Haufe-Lexware Studie für HR definiert.
Die Rolle der Führungskraft
Der Fachvorgesetzte ist diejenige Person die den meisten Einblick in das Erfahrungswissen und die bestehenden Verknüpfungen hat. Genau aus diesem Grund ist die Begleitung des Wissenstransfers aus meiner Sicht Vorgesetztenaufgabe, HR steht unterstützend und schafft die Voraussetzungen für ein optimales Wissensmanagement, entweder aus eigenen Ressourcen oder, sofern es die Rahmenbedingungen zulassen, mittels externer Unterstützung.
Übrigens kann es in meinen Augen auch nicht Verantwortung des Wissensträgers sein, den Prozess des Transfers anzustoßen. Mehr als löblich und verantwortungsbewusst ist seine proaktive Bereitschaft und Vorbereitung der Wissensübergabe in jedem Fall und dennoch sehe ich den Prozess als Vorgesetztenaufgabe.
Das Wissen des ausscheidenden Mitarbeiters im Unternehmen abrufbar zu halten, Stabilität zu gewährleisten und dazu beizutragen des Geschäftserfolg durch Wissensbehalt zu sichern – das ist Vorgesetztenaufgabe. Im Rahmen des Austrittsgespräches müssen die ersten Schritte für einen erfolgreiche Wissensübergabe definiert werden:
- Welches Wissen hat der Mitarbeiter?
- Muss das Wissen im Unternehmen gehalten werden?
- Wohin wird das Wissen transferiert?
- Wer ist am Wissenstransfer beteiligt?
- Welche Arbeitsergebnisse müssen am Ende des Wissenstransfers vorliegen?
Mittels der Checkliste „Wissensweitergabe beim Offboarding“ können grundlegende Fragen strukturiert geklärt werden und die notwendigen Schritte eingeleitet werden. Senden Sie mir gerne eine Mail und ich schicke Ihnen die Checkliste zu. Erhalten Sie wertvolle Ressourcen und sichern Sie nachhaltig den Unternehmenserfolg. Wissenstransfer im Offboarding ist Führungsaufgabe.