Dank Wissenstransfer lässt sich die Einarbeitungszeit um bis zu 40 Prozent verkürzen

von | Allgemein, Organisationsentwicklung, Wissensmanagement

Wie sichert man am besten implizites Wissen von ausscheidenden Mitarbeitenden? Wie lässt sich Erfahrungs-Know-how in Unternehmen bewahren? Silvia Schorta* sagt: «Hier gibt es noch viel zu tun!»

Wissen ist eine der wichtigsten Ressourcen in Unternehmen. Verlassen Mitarbeitende die Firma, nehmen sie automatisch Know-how mit: Wissen über Prozesse und Abläufe zum Beispiel, in das sich die Nachfolge oft erst mühsam einarbeiten muss. «Schreib doch ein Übergabeprotokoll», heisst es meist, sobald jemand die Kündigung auf den Tisch legt. Tatsächlich jedoch kann die Nachfolge mit diesen Dokumenten oft wenig anfangen, sagt Silvia Schorta, Expertin für Wissenstransfer bei Personalwechsel.

Weshalb Übergabeprotokolle zwar gut gemeint sind, oft aber wenig hilfreich:

  • Zu wenig Zeit: Eine Dokumentation für die Nachfolge anzufertigen ist nur eine von vielen Aufgaben, um die sich ausscheidende Mitarbeitende kümmern müssen. Neben dem Tagesgeschäft und dem Abschliessen offener Projekte ist häufig nicht genug Zeit. «Selbst wenn ausscheidende und neue Mitarbeitende eine gemeinsame Übergangszeit haben, bleibt Strategisches oder Zusammenhänge oft auf der Strecke», so Schorta.
  • Zu wenig Abstand zum Geschehen und deshalb unvollständige Dokumentation: Weil die ausscheidende Person zu tief in der Materie steckt und viele Abläufe längst automatisiert hat, vergisst sie oft, Zwischenschritte zu dokumentieren – dass nach Punkt 1 nicht Punkt 2 folgt, sondern erst 1a, 1b, 1c, zum Beispiel. Diese längst verinnerlichten Arbeitsschritte geraten somit in Vergessenheit. Was für die Nachfolge bedeutet: Wichtiges implizites Wissen geht verloren.

Was passiert, wenn der Wissenstransfer unvollständig ist?

  • Die Einarbeitungszeit zieht sich in die Länge.
  • Die Motivation schwindet – weil die neue Fachperson oder Führungskraft womöglich Zeit mit unprotokollierten Abläufen vergeudet, die nicht funktionieren.
  • Im Extremfall kündigt die nachfolgende Person – weil sie ihr Potential nicht entfalten kann.

Wie funktioniert Wissenstransfer idealerweise?

  • Sich Unterstützung holen. Die ausscheidende Person zieht idealerweise einen Sparringpartner hinzu, der nicht zu tief im Thema steckt und gleichzeitig die richtigen Fragen stellt. Grosse Unternehmen haben dafür eigene Wissenstransfer Coaches. Alternativ können auch Teammitglieder helfen. Oder man zieht eine externe Fachperson hinzu, die nicht ins Tagesgeschäft involviert ist und sich effizient auf den Wissenstransfer fokussiert.
  • Überblick verschaffen. Gemeinsam mit dem Sparringpartner werden alle Infos gesammelt, die für die zu besetzende Stelle wichtig sind. Dabei gilt es zu überprüfen: Welches Wissen ist bereits gut dokumentiert? Welche Dinge müssen festgehalten werden?
  • Wissen aufbereiten – und dafür das richtige Tool verwenden. Beispiel: Eine Expertin hält immer wieder einen technischen Vortrag in Powerpoint, doch auf den Folien stehen nur wenige Punkte. In diesem Fall gilt es für die Nachfolge zu dokumentieren, was jeweils dahinter steckt. Zu jedem Punkt ein Script zu schreiben wäre zu aufwändig. Besser: Jeweils eine Tonspur darunter legen («diese Funktion auf Powerpoint ist vielen nicht bekannt», so Schorta), und die Präsentation einmal Folie für Folie halten und aufzeichnen. Auch Dokumentationen auf One Note lassen sich mit Videos, Audios, Links oder Sreenshots unterlegen. Zudem ist hier Volltextsuche möglich – was bei der Übergabe sehr hilfreich ist.

Generell gilt: Ein strukturierter Wissenstransfer ist das A und O

«Vielen Unternehmen ist noch nicht klar, wie wichtig eine strukturierte Übergabe ist», sagt Silvia Schorta. Dabei liesse sich bei idealem Wissenstransfer die Einarbeitungszeit um 40 Prozent verkürzen. Zudem bestehe dann auch nicht die Gefahr, dass die Motivation schwindet und die Nachfolge schnell wieder kündigt – «was in Zeiten von Fachkräftemangel essentiell ist.»

Silvia Schorta
Mit ihrem breiten Erfahrungshintergrund unterstützt sie Unternehmen in der digitalen Transformation und der Wissensarbeit, coacht Wissenstransfers und begleitet Kulturveränderungen. Sie liebt die Berge und das Meer.