Strichmännchen fördern das gemeinsame Verständnis

von | NewWork, Wissensmanagement

Wer kennt sie nicht, die Visualisierungen von Workshops, Seminaren, ja ganzen Kongressen. Ich durfte Barbara Hagmann kennenlernen, die mit ihrem Unternehmen erzähl-bar Leute befähigt, sich mutig in die Visualisierungswelt zu stürzen. Ich habe sie gebeten, eine kurze Einführung zu schreiben. Viel Spass!

 

Strichmännchen fördern das gemeinsame Verständnis

Kritzeln in der Geschäftswelt? Visualisierungen haben sich als Businesssprache etabliert. Doch was genau sind die Unterschiede zwischen Graphic Recording, Visual Facilitation und Sketchnoting?

 

Die gute Nachricht: Visuelle Kommunikation hat nichts mit Kunst zu tun. Jeder kann zeichnen. Visualisieren ist nicht nur für kreative Köpfe gedacht. Hinter dem Handwerk steckt eine Technik, die bereits mit einfachen Piktogrammen eine grosse Wirkung erzielt. Alles was es dazu braucht, ist die Bereitschaft, den ersten Strich zu ziehen.

Wozu braucht es Visualisierungen?

Visuelle Kommunikation macht Informationen verständlicher. Egal, ob es sich um Fakten, Konzepte oder komplexe Themen handelt. Dazu kommt, dass uns Bilder besser in Erinnerung bleiben. Lange bevor die Schriftsprache erfunden wurde, haben sich die Menschen mit Symbolen verständigt. Höhlenzeichnungen waren nichts anderes als die erste Form der Kommunikation.

80 Prozent aller Informationen nehmen wir über die Augen wahr.

Texte müssen von unserem Gehirn zuerst entschlüsselt werden. Bilder hingegen sind auf den ersten Blick klar. Werden Informationen nur mit Text oder Ton vermittelt, ermüdet das Gehirn schnell und unsere Aufmerksamkeit sinkt.

Mit der Visualisierungstechnik lernen wir, in Bildern zu denken und diese mit Informationen zu verknüpfen. Die Fähigkeit des «Visual Thinking» besitzen wir von Kindesbeinen an. Damals bestand unsere Welt ausschliesslich aus Bildern. Diese natürliche Gabe müssen wir nur aus dem Dornröschenschlaf wecken.

Im Gegensatz zur Schriftsprache unterliegt das Visualisieren keinen Regeln. Es gibt keine allgemeingültigen Symbole, was bedeutet, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, Begriffe zu visualisieren. Es steht uns frei, welche Symbolsprache wir verwenden. In erster Linie müssen die Piktogramme für uns selbst einen Sinn ergeben. Dazu kommt, dass Visualisierungen nicht gesondert eingesetzt werden und immer in einem Kontext stehen. Ziel und Zweck der visuellen Kommunikation ist ja nicht, mit dem Publikum «Montagsmaler» zu spielen.

Visual Facilitation, Graphic Recording oder Sketchnoting?

Immer wieder werde ich gefragt, was die Unterschiede zwischen den verschiedenen visuellen Disziplinen sind. Hier sind sich auch die Experten nicht ganz einig. Bei den nachfolgenden Definitionen handelt es sich um meine persönlichen Interpretationen.

Graphic Recording

Ein Graphic Recording ist ein graphisches Protokoll und kommt an Tagungen und Konferenzen zum Einsatz. Das Visualisieren wird live auf grossflächigen Leinwänden realisiert. Neben der visuellen Aufbereitung von Inhalten, wird ein Graphic Recording gleichzeitig zum Show Act, auch wenn dieses leise vonstatten geht. Das Gesamtwerk versetzt das Publikum ins Staunen und erzielt eine nachhaltige Wirkung.

Die Aufgabe eines Graphic Recorders besteht nicht darin, in den Prozess einzugreifen. Die passive Rolle ermöglicht die vollkommene, kreative Hingabe, was sich in einem meist eindrücklichen Resultat widerspiegelt. Oftmals ergibt ein Graphic Recording nur für die Anwesenden einen Sinn. Als Aussenstehender ist es nicht immer einfach, die Illustrationen zu verstehen, weil der Gesamtkontext fehlt.

Das visuelle Protokoll wird von versierten Graphic Recordern oder Illustratoren durchgeführt. Hier darf durchaus von kleinen Kunstwerken gesprochen werden.

Visual Facilitation (oder auch Graphic Facilitation)

Der «Visual Facilitator» nimmt im Workshop eine aktive Rolle ein. Er moderiert, fasst wichtige Inhalte visuell zusammen und gestaltet den Prozess aktiv mit. Gearbeitet wird auch hier im Grossformat: Flipcharts, Pinnwände oder Whiteboards kommen hier zum Einsatz.

Der Fokus des Visual Facilitators liegt ganz klar in der Prozessgestaltung. Folglich sind die Visualisierungen – im Gegensatz zum Graphic Recording – vielleicht etwas einfacher gehalten.

Die visuellen Darstellungen machen nicht nur Workshop-Resultate sichtbar, sondern bieten als Zusammenfassung auch Dritten einen Mehrwert.

Als Visual Facilitator braucht es keine jahrelange Übung, um Inhalte visuell sinnvoll aufzubereiten. Wer ein Training besucht hat, kann sich sogleich ans Werk machen.

Sketchnoting

Sketchnoting wird weniger im Businessumfeld genutzt und eignet sich besonders für persönliche Notizen. Hierfür kommen Moleskines & Co. zum Einsatz und dienen der visuellen Mitschrift oder um Erlebnisse festzuhalten. Gekritzelt wird dank des Kleinformats überall: Im Zug, im Bus, im Hör – oder Wartesaal. Die umfangreiche Literaturauswahl ermöglicht, auch ohne Training gleich loszulegen.

Silvia Schorta
Mit ihrem breiten Erfahrungshintergrund unterstützt sie Unternehmen in der digitalen Transformation und der Wissensarbeit, coacht Wissenstransfers und begleitet Kulturveränderungen. Sie liebt die Berge und das Meer.